Forschungsprojekt: Reales Leben. von missfortheworld (Kreatives Chaos inklusive.) ================================================================================ Kapitel 13: High-Flyer ---------------------- C H A P T E R – T H I R T E E N „Tzz!“ Es war gewöhnlich absolut nicht seine Art, Gefühle und Emotionen offen zu zeigen. An diesem Nachmittag machte Zorro allerdings eine Ausnahme. Er konnte es einfach nicht verbergen, dass ihm dieser Tag gehörig gegen den Strich ging. Daher ließ er es sich nicht nehmen, im Minutentakt mit der Zunge zu schnalzen, um seine Mitbewohner darauf aufmerksam zu machen, dass er gerade lieber von einem blutrünstigen Kannibalen gefressen werden würde, anstatt in diesen – in seinen Augen –bescheuerten Freizeitpark zu fahren. Mit verschränkten Armen saß er auf der Rückbank des Leihwagens und strafte Ace via Rückspiegel mit tödlichen Blicken, nachdem jener zum Fahrer verdonnert worden war, beziehungsweise wieder einmal ein atemloses und überaus männliches Match Schere-Stein-Papier verloren hatte. Zwei Wochen waren vergangen, seit Marco den Boden des Krankenhausflurs geküsst und Ace mit der Robustheit einer sturen Stoßstange Bekanntschaft gemacht hatte. Mittlerweile war er wieder vollkommen genesen und so fit wie eh und je, zum Leidwesen seiner Mitbewohner. Es verging kein Tag, an dem keiner schreiend durch die Wohnung rannte und fluchend drohte, den Schwarzhaarigen eigenhändig zu erwürgen. Seine Scherze trieben sie allesamt in den Wahnsinn, doch trotz der einen oder anderen Tracht Prügel ließ sich das ewige Dauergrinsen nicht aus seinem Gesicht wischen. Schließlich war der Tag gekommen, an dem sie ihr Versprechen einlösen und mit ihm den Vergnügungspark aufsuchen mussten. Einzig Nami unterstütze die Freude ihres Mitbewohners und freute sich insgeheim auf einen tollen Wochenend-Ausflug. Zorro hingegen konnte sich ganz und gar nicht mit dem Gedanken anfreunden. Und nun saß er hier. Der geliehene Wagen stammte zufällig aus der Werkstatt, in der Ace arbeitete, was ihm nicht gerade Sympathiepunkte einbrachte. Diese alte Schrottkiste hatte keinerlei klimatische Ausstattung, geschweige denn auch nur einen Hauch von Komfort. Der Grünhaarige fuhr demnach wahrhaftig in sein persönliches Verderben, was ihm ein weiteres empörtes Schnauben entlockte. Dass er damit Namis zierlichen Faden an Geduld deutlich überspannte, wurde ihm erst bewusst, als sie ihn gereizt am Ohrläppchen packte und in ihre Richtung zog. „Wenn ich noch ein einziges Geräusch von dir höre, kicke ich dich persönlich aus dem Wagen!“, zischte die junge Frau bedrohlich, was im Grunde genommen jederzeit für Angst und Schrecken gesorgt hätte, wäre Zorro in jenem Augenblick nicht so unglaublich begeistert von ihrem verlockenden Angebot gewesen. „Bitte, tu dir keinen Zwang an. Ich will ohnehin hier raus!“ Zu seinem eigenen Nachteil ignorierte er den warnenden Blick, den ihm Ace via Rückspiegel zuwarf. Es war definitiv nicht die Art von Antwort, die sich Nami insgeheim gewünscht hätte. Demnach war es kaum verwunderlich, dass sie nicht zögerte und ihre Faust mit dem Schädel des Grünhaarigen kollidieren ließ, sodass sich jener fortan stöhnend über die dicke Beule an seinem Hinterkopf beklagen konnte. Ansonsten gab er zu seiner eigenen Sicherheit keinen Laut mehr von sich, bis sie endlich den Parkplatz erreichten und mit einem Blick auf etliche Attraktionen konfrontiert wurden. Der Weg zum Eingangstor glich in Zorros Augen dem Gang zum Schafott. Schließlich starrte er schluckend auf das große Begrüßungsschild, dass ihnen viel Spaß bei ihrem Aufenthalt wünschte. Er wusste wirklich nicht, was schlimmer war: Die Tatsache, dass sich um den Eingangsbereich nur Kinder im Alter von rund zehn Jahren mit ihren Eltern tummelten oder dass die Augen von Ace so verdammt hell leuchteten, dass er sich geblendet fühlte?! Mit einem letzten Stoßgebet Richtung Himmel verabschiedete er sich von seiner Seele und folgte den anderen, nachdem man sich zuvor die Eintrittskarten besorgt hatte. „Horror!“ Es war das einzige Wort, das ihm durch den Kopf ging, als er den Blick in verschiedene Richtungen schweifen ließ. Er war noch nie ein Fan von Geschwindigkeiten und Höhe gewesen. Auch auf Wasser, Schaukeln und Labyrinthe konnte er getrost verzichten. Daher war er heilfroh, dass die Gruppe zuerst auf einen Stand mit Süßigkeiten zusteuerte. Es war immer wieder ein Spektakel, Ace dabei zu beobachten wie er sich den Mund mit den verschiedensten Dingen vollstopfte und dann beinahe daran erstickte. „Wenn ich dich heute kotzen sehe, stopf ich dir das Zeug zurück in den Rachen!“, drohte Sanji sogleich mit ernster Miene, da es nur wenige Sekunden dauerte, bis das erste Würgen die Stille zerriss. Der Schwarzhaarige schlug sich lediglich mit der Faust auf die Brust und streckte dem Blonden anschließend frech die Zunge entgegen. „Hier, schmeckt lecker!“, meinte die Orangehaarige strahlend, während sie dem Grünhaarigen ihre Zuckerwatte auffordernd unter die Nase hielt. Da er sich aufgrund ihrer kugelrunden Augen dazu gezwungen fühlte von der teuflischen Zuckerbombe zu kosten, sich aber nicht die Finger schmutzig machen wollte, senkte er instinktiv seinen Kopf, um einen kleinen Bissen erhaschen zu können. Erst in letzter Sekunde wurde ihm bewusst, was er da eigentlich trieb. Er war tatsächlich dabei, wie ein kleiner verliebter Schuljunge von der pinkfarbenen Zuckerwatte eines Mädchens zu naschen. Die Vorstellung brachte ihn augenblicklich in Verlegenheit. „Ich hasse Süßigkeiten!“, presste er plötzlich verbissen zwischen den Zähnen hervor, ehe er auf dem Absatz kehrtmachte und eine sichtlich verwirrte junge Frau zurückließ. Sie passierten weitere kleine Stände, die irgendwie an Kirmes erinnerten. Darunter war auch ein Schießstand, an dem sich die meisten Leute tummelten. „Zorrooo, ich will das Bärchen!“, quengelte Nami sogleich aufgeregt, als sie inmitten der Preise einen kleinen Teddy entdeckte. Wieso sie sich ausgerechnet an Zorro wendete, wusste sie selbst nicht. „Vergiss es, Hexe!“, entgegnete ihr der Grünhaarige kalt, sodass sie beleidigt eine Schnute zog und davon stolzierte. Zu seinem Bedauern ging der wirklich schlimme Teil erst richtig los. Gnadenlos wurde er in die Wasserbahn und durch das Spiegellabyrinth gezerrt, weshalb er nun mit einem halbnassen Shirt und etlichen Beulen und blauen Flecken zu kämpfen hatte. Je verdrießlicher seine Laune wurde, desto mehr schienen sich seine Mitbewohner zu amüsieren. Scheinbar hatten sie Gefallen daran gefunden, ihn bis auf das Mark zu quälen, was dazu führte, dass er bereits die Sekunden zählte bis dieser schreckliche Tag endlich ein Enden finden würde. Anstatt ihm eine kleine Verschnaufpause zu gönnen, führte Ace die Gruppe gezielt zur Hauptattraktion des Vergnügungsparks. Rollercoaster Tycoon hatte es wirklich in sich und war nichts für schwache Nerven, laut dem Aushängeschild. Aufmerksam folgten Zorros Augen der Bahn, die sich munter durch Loopings schlängelte und scharf in die Kurven legte, wobei lautes Geschrei die Stille zerriss. Der Start hatte es besonders in sich, da im beinahe freien Fall Geschwindigkeiten von bis zu 100km/h erreicht werden konnten. „Ich will das nicht!“ Das waren seine letzten Worte gewesen, ehe ihm die Zügel seiner Kontrolle rigoros entrissen worden waren und er von seinen Mitbewohnern zum Eingang gezerrt worden wurde. Im Nachhinein konnte er gar nicht mehr so genau sagen wie sie es geschafft hatten, ihn in die Bahn zu zwängen. Diese Erinnerung verdrängte er stattdessen lieber. Ihm blieb keine Chance sich aus dem Sicherheitsgurt zu befreien, da das laute Startsignal und ein heftiger Ruck sein sicheres Verderben ankündigte. Im Schritttempo kletterte das Gefährt die steile Rampe empor, was seine Nerven schon viel zu sehr in Anspruch nahm. „Ist alles in Ordnung? Du bist so grün!“, stellte Nami neben ihm besorgt fest. Reichlich spät, wie er fand. Er wollte dieses abscheuliche Ding immerhin gar nicht erst betreten. „Ich hab es nicht so mit der Höhe!“, presste er daraufhin mühsam hervor und schwieg anschließend, um sich mental für den Gnadenstoß zu wappnen. In der Sekunde, als sich die Achterbahn schließlich senkrecht in die Tiefe stürzte und mit einer bahnbrechenden Geschwindigkeit auf den Boden zusteuerte, wusste Zorro, dass Gott ihn definitiv und ohne Zweifel hassen musste. Für einen kurzen Augenblick schloss er intuitiv die Augen, was sein Schwindelgefühl jedoch nicht linderte, sondern vielmehr in noch höhere Sphären trieb. Er wurde dieses schreckliche Gefühl nicht los, dass ihm der Magensaft jeden Moment aus den Ohren quellen könnte. Panik brach in Wellen über ihn herein und er tat das, was sein Instinkt von ihm verlangte. Er schrie. Keine zwei Minuten später entfernte sich die Gruppe fröhlich von dem Fahrgeschäft, während Zorro mit roten Ohren und wackeligen Beinen hinterhertrottete. Er hatte ein extrem flaues Gefühl im Magen und rang kurzzeitig mit der Idee, sich in den nächstgelegenen Mülleimer zu übergeben. „Haha!“ Lautes Gelächter erfüllte die stickige Luft, woraufhin der Grünhaarige seine Hände missmutig in den Taschen vergrub. Kleine Tränen kullerten indes aus Ace‘ Augen und Sanji musste sich zwischenzeitlich an einer Laterne abstützen, um sein Lachen unter Kontrolle zu kriegen. „Du hast geschrien wie ein Mädchen!“, klärte ihn der Blonde prustend auf, was die Laune seines Mitbewohners weiter in den Keller beförderte. Er würde es ihm ohne jeden Zweifel auf ewig nachtragen. Oh, er sehnte sich so sehr nach einer unschönen Prügelei… „Süß!“ Im Bruchteil einer Millisekunde fuhr er schockiert herum und taxierte seine Mitbewohnerin mit überaus entsetzten Blicken. Jene kicherte jedoch nur vergnügt in ihre Handfläche und tätschelte ihm aufbauend den Arm, was ihn allerdings nicht sonderlich ruhig stimmte. Verbissen kämpfte er stattdessen gegen die Röte in seinem Gesicht an. „Süß? Ist dir bewusst, dass man einen Mann nicht mit diesem Wort betitelt?“, versuchte er ihr mit ernster Miene einzubläuen. „Ja, nur leider hast du deine Männlichkeit in der Achterbahn verloren!“, mischte sich Ace plötzlich ein, woraufhin er und Sanji erneut in lautes Gelächter verfielen. Es ging noch eine ganze Weile so weiter, bis sie ihre Aufmerksamkeit auf ein Spukhaus richteten, das vor ihnen emporragte. Beim Anblick dieser Attraktion war Ace augenblicklich vollkommen von den Socken und stürzte sich in das Gefecht, ohne Rücksicht auf den Rest zu nehmen. Da Zorro definitiv genug von diesem Vergnügungspark und weiteren hämischen Kommentaren hatte, blieb er als einziger zurück und horchte zufrieden den Schreien, die durch die Wände des Gebäudes hallten. Für ein paar Minuten konnte er sein alleiniges Dasein genießen und die Zeit zum Nachdenken nutzen, ehe seine Mitbewohner, allen voran Nami, langsam aber sicher aus dem Geisterhaus stolperte. Ace bildete das Schlusslicht und gesellte sich schwer atmend, aber dennoch zufrieden zu seinen Freunden. „Das Haus hat es wirklich total in sich, aber ich verstehe echt nicht, wieso du dich die ganze Zeit über an meinem Arsch festhalten musstest?!“, warf der Schwarzhaarige verwirrt ein und kratzte sich dabei nachdenklich an der Stirn, während er Zorro mit fragenden Blicken taxierte. Er war sich absolut sicher, ab und an deutlich eine Hand an seinem Allerwertesten verspürt zu haben. Durch die Dunkelheit war ihm der Blick auf den Übeltäter verwehrt worden. „Ich habe dieses verdammte Gebäude nicht einmal betreten, du hirnloses Stück!“, entgegnete ihm der Grünhaarige schnippisch, ehe er selbst die Stirn runzelte, da ihm die ganze Situation nicht mehr ganz geheuer war. War es möglich, dass ein Perverser sein Unwesen im Spukhaus trieb? Ace nahm indes Sanji in sein Visier, durch dessen Körper augenblicklich ein sichtlicher Ruck ging. „Ich würde deinen Arsch nicht einmal anfassen, wenn mein Leben davon abhinge!“, erwiderte der Blonde angewidert und sichtlich empört darüber, dass Ace diese Vorstellung überhaupt erst in Erwägung zog. Seine Worte schienen den Schwarzhaarigen unerwartet zu betrüben, da jener sein Hinterteil ausgiebig betrachte und anschließend eine beleidigte Schnute zog. „Wieso? Was hast du gegen ihn? Er ist weder schlecht geformt, noch zu klein!“, rechtfertigte er sich schließlich, was die Ader an Sanjis Stirn gefährlich hervortreten ließ. „Darum geht es nicht, Idiot!“, zischte der Blonde gereizt, ehe er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn schlug. Die Naivität dieses Kerls hatte keine Grenzen. Er machte seinem kleinen Bruder wirklich Konkurrenz. Zorro war sichtlich angetan vom Verlauf dieses Gesprächs: „Du musst endlich einsehen, dass Männer auf dich stehen! Kannst du dich noch an den Kerl in der Bar erinnern, der deine Nummer haben wollte?! Das-“, er brach jäh ab, als ihm bewusst wurde, dass Ace schon längst wieder über alle Berge auf der Suche nach einer weiteren haarsträubenden Attraktion war. Einheitliches Seufzen erfüllte demnach die Runde. Mit diesem Kerl konnte man einfach nicht Schritt halten. „Wir sollten versuchen ihn einzuholen, um uns dann so langsam auf den Rückweg zu machen! Wir haben schließlich noch drei Stunden Fahrt vor uns!“, warf Sanji ein, da er zwischenzeitlich einen Blick auf die Uhr geworfen und festgestellt hatte, dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb. „Geht schon einmal vor. Ich muss noch etwas erledigen…“, meinte Zorro geheimnisvoll, ehe er in der Masse an Menschen unterging. +++ +++ +++ Die ganze Sache hatte tatsächlich länger gedauert, als es der Grünhaarige zuvor angenommen hatte. Es war aber auch wirklich nicht leicht, sich durch hysterische Eltern, hyperaktive Kinder und verschwitzte Körper zu kämpfen. Darüber hinaus war er zwischenzeitlich zweifellos falsch abgebogen und in der Grotten-Landschaft gelandet, die ihm den Rückweg nicht unbedingt erleichtert hatte. Etwas außer Puste wischte er sich die feinen Schweißtropfen von der Stirn, während die Gruppe und der vereinbarte Treffpunkt endlich in sein Blickfeld rückten. „Wo warst du so lange, du verdammter Primat? Wir haben dir doch ausdrücklich gesagt, dass wir uns um 17.00 Uhr hier treffen. Du bist eine satte dreiviertelte Stunde zu spät und der Park schließt bereits in zehn Minuten! Soll ich es dir nächstes Mal gleich in dein kleines Gehirn prügeln?!“, meckerte Sanji sogleich lautstark, da er Pünktlichkeit schon immer verabscheut hatte und andererseits einfach nur einen Grund brauchte, um sich mit Zorro anzulegen. Der Angesprochene schnaubte nur genervt. „Alter, sag bloß, du hast den Weg hierher nicht gefunden?!“, scherzte Ace spaßeshalber, um die Stimmung zwischen den beiden etwas aufzulockern. „Verdammt, alle Wege sehen gleich aus!“, rechtfertigte sich der Grünhaarige augenblicklich eingeschnappt und kassierte für diese Beichte den einen oder anderen fassungslosen Blick. Keiner hatte den Scherz des Schwarzhaarigen wörtlich genommen und tatsächlich daran geglaubt. Allerdings hatten sie die Orientierungslosigkeit ihres Mitbewohners scheinbar wieder einmal vollkommen unterschätzt. Seufzend wendete sich der Blonde ab und marschierte Richtung Ausgang, um sich mit dem Grünhaarigen keinen weiteren wertvollen Sauerstoff mehr teilen zu müssen. Ace schloss sich ihn laut lachend an. Gerade als Nami den beiden ahnungslos folgen wollte, wurde sie abrupt am Arm gepackt und zurückgehalten. Verdutzt musterte sie den Grünhaarigen, der ihr mit einem Blick bedeutete, noch etwas unter vier Augen mit ihr klären zu wollen, was augenblicklich die Nervosität in ihr entfachte. Als seine beiden Kumpels endlich außer Reichweite waren, ließ er schließlich von ihrem Arm ab und zog etwas unter seiner Jacke hervor, wofür er überraschte und fassungslose Blicke kassierte. „Hier!“, meinte er kurz angebunden, ehe er ihr das Objekt ohne Umschweife in die Hand drückte. „Was-?“, fragte sie daraufhin verdutzt, während sie den kleinen Teddy in ihren Armen verwirrt begutachtete. Es war zweifellos der Bär, den sie an diesem Morgen inmitten der Preise des Schießstandes erblickt hatte. Mit offenem Mund hob sie ihren Blick, was Zorro dazu veranlasste, sich verlegen am Hinterkopf zu kratzen und ihren schokoladenfarbenen Augen auszuweichen. „Tzz. Den wolltest du doch. Also halt jetzt einfach deine Klappe und komm mit!“, meinte er plötzlich genervt, obwohl ihm deutlich anzumerken war, dass er sich eigentlich nur hinter dieser Fassade verstecken wollte, um von seinen erröteten Wangen abzulenken. Mit ebenso knallroter Miene drückte die Orangehaarige den Bären an sich und lächelte dabei gerührt. Auch wenn er es nicht wahrhaben wollte, so war er tatsächlich manchmal süß. Erst als sie bemerkte, dass ihr Mitbewohner in die vollkommen entgegengesetzte Richtung schlenderte, erwachte sie aus ihrer Trance und unterdrückte den Drang, ihn wieder an den Ohren zu ziehen. „Falscher Weg, du Trottel!“ +++ +++ +++ Vollkommen ausgelaugt und vor allem restlos ausgeknockt hing die erbärmliche Gestalt von Ace in einer sehr fragwürdigen Position auf dem Beifahrersitz, während Sanji sichtlich zufrieden dem farbenfrohen Sonnenuntergang entgegensteuerte. Ohne das lästige und überdrehte Gequengel des Schwarzhaarigen verlief die Fahrt ungewohnt ruhig und die neu gewonnene Stille war sehr erholsam für die erschöpften Gemüter seiner Mitbewohner. Auch Nami schlief in der hinteren Reihe den Schlaf der Gerechten, was der Blonde via Rückspiegel lächelnd zur Kenntnis nahm. Sein Blick glitt unwillkürlich zu Zorro, der nun seit geraumer Zeit ein sehr sonderbares Verhalten an den Tag legte. Sonderbarer als sonst. Auch in diesem Moment starrte er mit verschränkten Armen stur aus dem Fenster und legte dabei einen Winkel an den Tag, der aufgrund der dreistündigen Fahrt definitiv einen schmerzenden Nacken mit sich ziehen würde. „Dein Gesicht ist rot. Deine Ohren auch. Warst du zu lange in der Sonne oder ist es dir mittlerweile einfach nur peinlich, dass du in der Achterbahn lauter geschrien hast, als das fünfjährige Mädchen in der ersten Reihe?!“, spottete der Koch schließlich mit gedämpfter Stimme, um die beiden schlafenden Prinzessinnen nicht zu wecken. Sein hämischer Unterton reichte für gewöhnlich aus, um den Grünhaarigen zu provozieren und extrem auf die Palme zu bringen, jedoch schien das dieses Mal nicht der Fall zu sein. Vielmehr schenkte ihm der Angesprochene kaum Beachtung. „Hm? Mhm, ja. Hast Recht.“ Zugegeben, er hatte gar nicht richtig zugehört. Vielmehr versuchte er hartnäckig nicht daran zu denken, dass die Orangehaarige in ihrem Schlaf den erhaltenen Plüschbären umklammerte, als hänge ihr ganzes Leben davon ab. Schon häufig hatte er ihre schlafende Form betrachtet, aber ihre jetzige Erscheinung übertraf den Grad an Süße der rosafarbenen Zuckerwatte vom späten Nachmittag auf jeden Fall. Er musste sogar zugeben, dass er ein klein wenig eifersüchtig auf den winzigen Bären war. Allein der Gedanke erklärte wohl den Überschuss an Scham, der sich in seinem Gesicht abspielte… Die Fahrt nahm nach ein paar weiteren Stunden schließlich ein Ende, was bedeutete, dass man die beiden schlafenden Personen widerwillig aus ihren Träumen reißen musste. Verschlafen rieben sie sich die Augen, während sie aus dem Wagen stiegen und mühsam zur Eingangstür trotteten. Sanji ließ zwischenzeitlich ein ausgelaugtes Seufzen von sich hören, als er daran dachte, heute einen halben Kindergarten betreut zu haben. Der Anblick der Treppen ließ sie allesamt genervt aufstöhnen. „Trag mich!“, forderte die junge Frau mit süßlicher und quiekender Stimme, während sie ihre Arme in die Luft reckte, was einem kleinen verwöhnten Kind wohl sehr nahe kam. Zorro ließ daraufhin lediglich ein amüsiertes Glucksen von sich hören. Anstatt sich jedoch zu beschweren hob er die junge Frau ohne zu Zögern auf seine Arme und stieg mit ihr die vielen Stufen empor, die sie aufgrund ihrer Müdigkeit und fehlenden Motivation niemals in einem Stück geschafft hätte. Als sie an ihrer Wohnungstür ankamen, kramte Sanji für wenige Sekunden in seiner Hosentasche, ehe er endlich den gesuchten Schlüssel hervorzog und in das Schloss steckte. Bevor sie jedoch allesamt einen Schritt über die Türschwelle machen konnten, wurde ihre Aufmerksamkeit plötzlich von einer unerwarteten Sache in Anspruch genommen. Verwirrt richteten sie ihr Augenmerk auf Hausverwalter Smoker, der sich nur wenige Meter über ihnen, in Begleitung einer nicht gerade billig aussehenden und darüber hinaus halbleeren Flasche Wiskey befand. Der Anblick an sich sorgte für ein mulmiges Gefühl in den Mägen der jungen Leute, weshalb Zorro die Orangehaarige kurzerhand auf ihre eigenen Beine stellte. Still musterte er den älteren Mann, der mit hängenden Schultern am Rande einer Treppenstufe saß und sein Gesicht in den Händen verbarg. Womöglich hätten sie ihn einfach ignoriert, wäre die Situation nicht so abstrus gewesen. Gewöhnlich strotzte der Grauhaarige nur so vor Arroganz und Macht. Dass er in diesem Augenblick seine Verletzlichkeit offenbarte, sorgte dafür, dass die Anwesenden ratlose Blicke austauschten. Der Kerl wirkte so niedergeschlagen, dass sich in ihren Köpfen tatsächlich Mitleid regte. „Smokey, was ist los?“, fragte Ace nach einer Weile behutsam und sichtlich besorgt. Sein Gefühl sagte ihm, dass Irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Gemächlich hob der Angesprochene daraufhin den Kopf und offenbarte ihnen ein Gesicht, das von Müdigkeit und Kraftlosigkeit geprägt war. Dunkle Ringe zierten seine Augen und die Haut wirkte darüber hinaus aschfahl. Ziellos starrte er durch den Raum und kippte sich schließlich ein paar weitere Tropfen des hochprozentigen Getränks in den Rachen. „Genießt den Aufenthalt in eurer Wohnung solange ihr noch könnt. Denn morgen um diese Zeit sitzt ihr möglicherweise schon auf der Straße!“, meinte er mit rauer und krächzender Stimme, die er wohl dem überschwänglichen Alkoholgenuss zu verdanken hatte. Eine dicke Wolke voll Melancholie umhüllte seine beunruhigenden Worte. „Was soll das heißen?“, fragte Sanji angespannt und krallte sich unwillkürlich stärker an die Türklinke. Ace stolperte etwas unbeholfen auf den Hausverwalter zu und setzte sich neben ihn, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Zorros Puls raste und hämmerte lautstark in seinen Ohren, weshalb er kaum realisierte, dass sich Nami etwas ängstlich an den Saum seines Pullovers klammerte. Der Grauhaarige reagierte mit einem gekünstelten Grinsen, das all seinen Schmerz und die unterdrückte Wut verkörperte. Die Bewohner konnten ja nicht ahnen, dass vier kleine Worte die ausgelassene Stimmung und die Glückseligkeit der letzten Stunden und Monate mit einem Schlag vernichten konnten. „Das Appartement wird verkauft!“ Tick. Tack. Und es war wie ein Schlag ins Gesicht… ________________________ Vorschau im Nachwort! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)